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Zu Risiken und Nebenwirkungen...

caartoon bayer monsanto119Derzeit leben auf unseren Planeten nahezu 7,5 Milliarden Menschen, Tendenz steigend. Mit zunehmender Weltbevölkerung wird auch der Bedarf an Nahrungsmitteln wachsen. Dennoch nimmt die Zahl der Nahrungsmittelproduzenten immer mehr ab. Immer weniger Konzerne dominieren den Agrarmarkt. Die Folge zahlreicher Fusionen. Konzerne haben über Jahre kleine und mittlere Saatguthersteller aufgekauft, verleibten sich Agrarrohstoffhändler und -verarbeiter ein, fusionierten mit Dünger- und Pestizidherstellern. Die Konzerne üben schon jetzt eine fast vollständige Kontrolle auf die Nahrungsmittelkette aus – von den Grundlagen der Lebensmittelerzeugung über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung. So steigern sie ihre Marktanteile und ihre Macht. Die Konzerne diktieren somit die Preise, Geschäftsbedingungen und zunehmend auch die politischen Rahmenbedingungen. Die Folgen, vor allem für die Plantagenarbeiter und Kleinbauern in der südlichen Hemisphäre, sind verheerend. In keiner Bevölkerungsgruppe sind so viele Menschen vom Hunger bedroht. Aber auch unsere Ökosysteme werden mehr und mehr zerstört.

Was früher auf den Bauernhof selbst produziert wurde – Saatgut, Futtermittel, Dünger und Jungtiere – sind heute voneinander abgekoppelte Sektoren der industrialisierten und globalisierten Nahrungsmittelindustrie. Dass schließt den Handel und die Verarbeitung der Agrarprodukte ebenso mit ein wie den Verkauf von Lebensmitteln.

Im Jahr 2013 kontrollierten die drei größten Saatguthersteller über 50 Prozent des globalen Marktes. Bayer CropScience lag mit bescheidenen 3,3 Prozent auf Rang 7. Monsanto mit 26 Prozent unangefochten auf Rang eins, gefolgt von Dupont mit 18,2 und Syngenta mit 9,2 Prozent.1 Beim Markt für Pestizide sah es auch nicht besser aus. Hier bildete der Schweizer Konzern Syngenta die Speerspitze mit 23,1 Prozent, gefolgt von Bayer CropScience mit 17,1 und BASF mit 12,3 Prozent. Monsanto lag mit 7,4 Prozent auf Rang 5.2 Beim Handel mit Agrarrohstoffen wird der gesamte Weltmarkt von fünf Konzern dominiert. Sie beherrschen circa 75 Prozent des weltweiten Handels mit Getreide und Ölsaaten.3 Der größte unter ihnen ist der Getreidehändler Cargill. Cargill Incorporated ist aber auch in der Herstellung sowie im Handel mit Vieh, Futtermitteln und Inhaltsstoffen von verarbeiteten Lebensmitteln und pharmazeutischen Hilfsstoffen für die industrielle Landwirtschaft, involviert. Außerdem befasst sich Cargill mit Finanzdienstleistungen, die einen Teil des Risikos im Handel abdecken. Im Jahr 1998 übernahm Monsanto das Saatgutgeschäft Cargill´s seed, zum Preis von 1,4 Milliarden US-Dollar.

Im Dezember 2015 hatten die US-Chemiegiganten Dow Chemical und DuPont ihre Fusionspläne öffentlich gemacht. Ein neuer Chemieriese im Agrarsektor. Das gleiche gilt für die geplante Fusion des Schweizer Konzerns Syngenta mit ChemChina, dem größten chinesischen Chemiekonzern, ebenfalls in der Agrarchemie tätig. Der jedoch größte Deal wäre zweifelsfrei die Hochzeit zwischen Bayer und Monsanto.

Nachdem der US-amerikanische Gentechnik-Konzern Monsanto vergeblich versucht hatte, das Agrargeschäft des weltgrößten Chemiekonzerns BASF zu übernehmen, streckte der US-Gigant seine Fühler in Richtung des Bayer-Konzerns aus. Besonderes Augenmerk richteten die US-Amerikaner dabei auf das Agrarchemiegeschäft der Leverkusener, CropScience, mit einem Ende Februar 2016 ausgewiesenen Umsatz von gut 10 Milliarden Euro.4 Eine Übernahme durch Monsanto war für die Bayer-Aktionäre keine Option. Im Sommer dann die Schlagzeile: „Übernahme: Bayer kauft US-Saatguthersteller Monsanto“.5 Heute ist es nicht mehr nur eine Schlagzeile. Der Deal ist nahezu unter Dach und Fach. Sollten das Bundes- wie auch das US-amerikanische Kartellamt kein Veto einlegen, übernimmt Bayer den Saatgutriesen Monsanto zum Kaufpreis von 66 Milliarden Dollar (inklusive aller Monsanto-Schulden). Es entsteht der größte Agrochemie-Konzern der Welt.

Mit der Übernahme Monsantos durch Bayer wäre der Konzern in der Lage, den weltweiten Saatgut- und Pestizidmarkt zu kontrollieren, zusätzlich würde sich sein Einfluss auf den Handel mit Nahrungsmittel vergrößern.

Über das Saatgutangebot würde der Konzern bestimmen, was bei den Verbrauchern auf den Tellern landet. Bäuerinnen und Bauern wären einem einzigen Konzern ausgeliefert, da viele Saatgutarten bestimmte Herbizide, Pestizide und Düngersorten benötigen. Natürlich alles auf einander abstimmt, „alles aus einer Hand“. Auch besonders lukrativ ist diesem Zusammenhang das Geschäft mit genmanipuliertem Saatgut, da die Gen-Pflanzen häufig gegen bestimmte Pestizide und Herbizide resistent sind. Der Anbau dieser Pflanzen ist somit fest an den Einsatz bestimmter Pestizide und Herbizide gebunden. Als bestes Beispiel dient das RoundUp-Ready Saatgut aus dem Hause Monsanto, welches gegen das glyphosathaltige Unkrautvernichtungsmittel RoundUp (ebenfalls von Monsanto) resistent ist. In der Vergangenheit hatte ich schon mehrfach darüber berichtet, dass Glyphosat im dringenden Verdacht steht, krebserregend zu sein.6 Auch könnte ein einzelner Schädling oder eine einzelne Krankheit die weltweite Lebensmittelversorgung in Gefahr bringen. Durch eine systematische Abhängigkeit von Bayer-Monsanto Saatgut verliert die Landwirtschaft ihre natürliche Widerstandskraft gegen schädliche Umwelteinflüsse.

Über Patente auf Saatgut würde der Leverkusener Konzern die Nahrungskette noch weitgehender kontrollieren. Nicht nur dass Monsanto, DuPont und Syngenta derzeit den größten Teil der Patentrechte an gentechnisch verändertem Saatgut halten, auch ihre Anzahl von Patenten auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung liegt inzwischen bei etwa 20 bis 30 Prozent. Viele ihrer Patente erstrecken sich mittlerweile über die gesamte Nahrungsmittelproduktion, vom Saatgut über die Pflanze bis hin zu Mehl, Brot und anderen Backwaren, oder vom Futtermittel bis hin zu Fleisch, Milch und Eiern. Im Jahr 2010 hatte Monsanto unter anderem Patente für Kekse und Margarine angemeldet, in denen ihr gentechnisch verändertes Soja verarbeitet wurde. Durch die Patentierung des Saatgutes ist es legal auch nicht mehr möglich, einen Teil der Ernte wieder auszusäen. Zudem zwingt die Verwendung von Hybridsaatgut, da es kein zweites Mal keimt, die Bäuerinnen und Bauern jedes Jahr neues Saatgut zukaufen. Gerade in den sogenannten Dritte Welt Staaten verfügen die Kleinbauern nicht über die dafür benötigten finanziellen Mittel. Oft müssen sie sich wegen der Anschaffung neuem Saatguts verschulden und in eine noch stärkere Abhängigkeit begeben.

Aus Profitgründen konzentriert sich schon heute die Entwicklung von Saatgut auf wenige neue Sorten. Sorten, die hohen Gewinn versprechen. In der Folge geht die Artenvielfalt, insbesondere bei den Nutzpflanzen, immer mehr zurück. Laut Schätzungen der Welternährungsorganisation ist die Vielfalt der Kulturpflanzen im letzten Jahrhundert weltweit um 75 Prozent zurückgegangen.7

Die Liste der Risiken und Nebenwirkungen, die eine Übernahme von Monsanto durch den Bayer-Konzern mit sich bringen würde, ließe sich beliebig lang fortführen. Die Folgen wären aber immer eine weltweite Zunahme von Armut und Hunger sowie eine weitere fatale Verschiebung des biologischen Gleichgewichts auf unserem Planeten.

Auf der Konferenz von Jalta (Februar 1945) vereinbarten die Alliierten für die deutsche Wirtschaft Dekartellisierungsbeschlüsse. Die großen deutschen Konzerne sollten zerschlagen und in ihre einzelnen wirtschaftlichen Bestandteile zerlegt werden. Damit sollte unter anderem eine Bedrohung der Nachbarstaaten und des Weltfriedens unmöglich gemacht werden.8 Aber damit sollte auch die Monopolstellung einiger Konzerne gebrochen werden (desweiteren sollte dadurch die US-amerikanische Wirtschaft gestärkt werden, indem neue Absatzmärkte in Europa geschaffen wurden und Konkurrenz für die heimische Wirtschaft eliminiert wurde – das nur am Rande). Ein Unternehmen das von dieser Zerschlagung und späteren Entflechtung (1950) besonders betroffen war, war die I.G. Farben, der Zusammenschluss der bedeutensten Chemieunternehmen während der Weimarer Republik und des darauffolgenden Dritten Reichs. Auch die damalige Bayer AG gehörte zu den I.G. Farben, bevor sie, nach 1950, wieder ein eigenständiger Konzern wurde. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die Verbrechen - Verbrechen gegen die Menschlichkeit - der ehemaligen I.G. Farben eingehen (Zwangsarbeit, Kriegswirtschaft, Zyklon B, etc.), aber auch ein zukünftiger Konzern in dieser Größe wird seine Interessen, auch durch Einflussnahme auf die Politik, immer durchsetzen.

Damit dieses nicht geschieht und die oben beschriebenen Risiken und Nebenwirkungen unsere Umwelt nicht noch weiter zerstören, müssen wir nachdrücklich an die zuständige EU-Kommission wie auch an das Bundeskartellamt appellieren, der Fusion von Bayer und Monsanto die rechtliche Grundlage zu entziehen. Auch unsere bundesdeutschen Politiker, wie Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) oder Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) stehen hier in der Verantwortung. Einer Verantwortung, der sie sich im Wahljahr 2017 stellen müssen.

Die Risiken und Nebenwirkungen der Monopolisierung der Welternährung sind für niemanden hinnehmbar...

Frank Binder 05.01.2017

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Anmerkungen

1 ETC Group - 2013

2 Ebd.

3 Australian Wheat Board (2004), Financial Times (18.09.2013 & 05.03.2014)

4 ROUNUP 2/Kreise: Monsanto spricht mit Bayer über Agrarchemie-Sparte – www.boerse-online.de – 21.03.2016 – aufgerufen: 05.01.2017

5 Übernahme: Bayer kauft US-Saatguthersteller Monsanto – Zeit Online – Reuters, dpa, fin, mbr – 14.09.2016

6 Vgl. u.a.: Frank Binder – Monsanto jetzt im Biergeschäft? - www.umweltgewerkschaft.org – aufgerufen 05.01.2017

7 Umweltinstitut München e.V. - Wenige Konzerne dominieren den Agrarmarkt – www.umweltinstitut.org/agrarmonopoly – aufgerufen 03.01.2017

8 Kontrollratsgesetz Nr.9 – Beschlagnahme und Kontrolle des Vermögens der I.G. Farbenindustrie vom 20. September 1945

 

 

 

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