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Vortrag von Prof. Wassermann vom 20.3.2004, gehalten auf der Aktionskonferenz der Bürgerbewegung „Pro Kryo…“ – leicht gekürzt

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Die Begründung, warum ich mich überhaupt mit dem Thema beschäftigt habe, ist einfach. Das war nämlich die moralische Haltung der Energiewirtschaft Ende der 70er Jahre. Die Prognosen des Energiebedarfs im damaligen Westdeutschland waren irrsinnig hoch. Von Jahr zu Jahr schrumpften sie immer mehr zusammen, bis sie nicht mehr zu erkennen waren. Diese Lügen und Täuschungen hat der gleiche Kreis dann für die Müllverbrennung hoch gerechnet, ansonsten würden die Bürgerinnen und Bürger von den Ratten gefressen werden, weil die Müllbergen sie alle ersticken.

Bei der Atomenergie sollten die Lichter ausgehen, falls nicht mitten in jeder Stadt ein Atomkraftwerk gebaut wird – in jedem Landkreis mindestens zwei. Es war hier also das Gleiche, und das hat mich in meinem Gerechtigkeitsempfinden etwas gestört, so dass wir uns in meinem Institut mit Verbrennungsprozessen beschäftigt haben, aber auch mit der Ehrlichkeit der Müllwirtschaft, da stießen wir natürlich immer in riesige Löcher.

Alle Anlagen, die man damals baute, wurden weit überdimensioniert, keine Anlage ist ausgelastet – bis heute nicht. Wir konnten zusammen mit starken Bürgerinitiativen in ganz Westeuropa (…) mindestens 60 dieser geplanten Anlagen verhindern, immer gemeinsam mit starken Bürgerinitiativen, (…)

Wir beschäftigten uns dann genauer damit, was eigentlich aus diesen Anlagen herauskommt. Es wurde zunächst gesagt, ja, ein bisschen Staub, ein bisschen Schwermetalle und so, ein bisschen Salzsäure, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid, und das war’s dann schon. Das konnte ja nicht sein, denn wir wussten damals schon von der Zigarettenindustrie, dass allein im Zigarettenrauch über zehn Millionen Substanzen gefunden wurden, die aber nur zu 20% bis 30% chemisch aufgeklärt werden konnten. Verbrennungsprozesse sind chaotisch, da kann man jahrelang analysieren, ohne fertig zu werden, und vor allen Dingen, die Ergebnisse ändern sich ständig.

Dann stellten wir fest, dass eine Eingangskontrolle der MVAs gar nicht statt fand und jeder einigermaßen gebildete Terrorist mit einer anständigen Ladung Plastiksprengstoff in der Lage gewesen wäre, Investitionen von ungefähr einer Milliarde DM in einen Krater zu verwandeln. Das gleiche gilt für die Kontrolle der Zusammensetzung des Mülls. Wenn eine Plattenfirma, wie ich das beobachtet habe, mal einen LKW voll an Fehldrucken aus PVC einfach verheizte, dann gibt das natürlich eine gewaltige Wolke, die meistens dann auch nicht messtechnisch erfasst wird.

Wenn z.B., wie in Spandorf passiert, damals 1986 nach Tschernobyl, ein Abfallhändler sämtliche Luftfilter der PKWs aus drei Landkreisen zusammengefahren hat und auf einen Ruck verbrannte, dann gab es eine schöne radioaktive Wolke, denn die waren hoch radioaktiver Sondermüll. Das wurde natürlich nicht gemessen. Aber es ging trotzdem in die Nahrungsmittel und in die Lungen der betroffenen Menschen. Ganz zu schweigen von Störfällen und all diesen Problemen, die mit diesen Anlagen zusammen hängen, den explodierenden Preisen, die den Bürgern übergestülpt wurden, und den Bestechungen, die dann nach und nach ans Licht gekommen sind.

Das alles motivierte uns, die Sache wissenschaftlich etwas genauer anzupacken. Wir bekamen Zugang zu Schornsteinen verschiedener Anlagen und haben dann sehr viel gelernt. Nämlich, dass man mit geeigneter Messtechnik überhaupt nichts nachweisen kann. Und das ist ja interessant, solche Ergebnisse sahen wir dann viele. Wenn man aber die richtige Messtechnik, die sogenannte isokynetische Messung am Schornstein durchführt, um die Turbulenzen mit zu erfassen, kommt man auf eine sagenhafte Fülle von Substanzen. Wie wir lernten, saugt man die Luft (…) durch bestimmte Absorbenzien durch, also Pulver, die das bindet. Wir haben sieben verschiedene Absorbenzien verwendet, um aus dem Schornstein die Abgase zu sammeln, die dann im Labor analysiert wurden. Wir fanden sieben verschiedene Ergebnisse in der Zusammensetzung des Schadstoffspekturms! Welches ist nun verbindlich? (…)

1992 waren wir weltweit die ersten, die sich mit der komplexen Zusammensetzung solcher Verbrennungsabgase von MVAs wissenschaftlich beschäftigten. Wir staunten nicht schlecht, dass wir also eine riesige Zahl von verschiedensten Strukturen bis hin zu Phosporsäureesthern oder Weichmachern, von den Dioxinen ganz zu schweigen, vorfanden. Eine große Zahl von Substanzen also, die praktisch unverändert durch die Müllverbrennunganlage gegangen sind und dann im Abgas erschienen sind. Die Chlorchemie war fast vollständig vertreten. (…) Unsere Ergebnisse wurden drei Jahre später von Stieglitz und seinen Mitarbeitern aus Karlsruhe bestätigt. Die haben auch einige Hundert von solchen Subtanzen analysiert. Wir analysierten sie auch qualitiativ und stellten fest, dass die Zusammensetzung der Abgase sich außerordentlich schnell ändert, je nach dem, was verbrannt wird und wie die Betriebsbedingungen einer solchen Anlage sind. D.h. es gibt gar keine kontiniuerliche Abgasfahne, die man wissenschaftlich bewerten kann.

Wir mussten lernen, das es für den größten Teil der von uns analysierten Strukturen gar keine toxikologischen Daten gab. (…)

Wir wiesen PCBs nach, darunter einige Dutzende Dioxine. Wir stellten auch die Ringstrukturen zusammen, die wir selbst analysiert hatten. Das sind nur Grundstrukturen, da sitzen irgendwo noch Chlor oder Nitrogruppen oder sonstige Reste von Molekülgruppen, und niemand weiß etwas über die Toxikologie. Es gibt weder Tierversuche dazu noch Erkenntnisse beim Menschen. Dies ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt der realen Situation. Das hat uns auf die Palme getrieben und wir haben dann etliche Jahre analysiert (…)

Das Schlimme daran ist, dass in der Analytik immer nur einzelne ausgewählte von diesen einigen hunderten dioxinähnlichen Substanzen überhaupt bestimmt werden. Man leitet aber eine Bewertung des Gesamtrisikos ab. Weitere Untersuchungen zeigten uns, dass eine große Zahl von bromierten Dioxinen in sogenannten metrazyklischen Dioxinen vorkommen (Schwefelatome z.b.) Man muss mit etwa 50.000 solcher Strukturen rechnen, von denen in der Routine gerade mal eben 10 bis 15 analytisch erfasst werden – und die hoffentlich richtig. Das war das eine: Die Fragwürdigkeit einer chemischen Analytik solcher Verbrennungsabgase.

Das zweite Problem war: Es sind nicht nur chemische Substanzen, Gase oder Einzelsubstanzen, die da raus kommen, sondern es sind auch Dämpfe und vor allen Dingen Staub. Hier war die Abgasreinigung in den letzten 20 Jahren ein gutes Stück vorangekommen dank öffentlichen Drucks. Aber wie allgemein bekannt, wurden ja im wesentlichen die groben Staubpartikel herausgefiltert, z.B. durch Elektrofilter. Der Staub hat eine physikalische Eigenschaft in seiner Korngröße, die geht von grob über fein bis ultrafein stufenlos über bis in den molekularen Bereich. Man kann immer nur eine bestimmte grobe Fraktion abfiltrieren in Dieselfahrzeugen, in sonstigen Schornsteinen und Verteilungsprozessen, aber der Feinststaub geht immer durch. Der ist besonders schwer zu analysieren. Ein weiteres toxikologisches schwerwiegendes Problem ist: je feiner die Partikel werden, um so größer wird die relative Oberfläche.
(…)

Jetzt kommt die Gemeinheit, was diese Partikel tun: Sie werden ganz besonders tief in die Lunge eingeatmet.

Das können sie hier an einem schematischen Beispiel sehen: Hier haben wir den Bronchialtrakt, man sieht die Gase wie Ammoniak, Salzsäure oder Formaldehyd. Die reizen sehr stark, gehen aber nur in den oberen Bereich. Andere Gase werden schon tiefer eingeatmet, wie z.B. Chlor. Worauf es aber ankommt, sind die Feinststäube, die besonders tief eindringen. Es ist hier nur als Beispiel das Cadmiumoxid angeführt als Repräsentant für ganz besonders feine Stäube. In diesen Bereichen sind nicht mehr die Schutzmechanismen vorhanden, die in den oberen Bereichen wirksam sind wie Flimmerhärchen, die Schleimproduktion usw.

Die tiefsten Areale sind am empfindlichsten und diese Feinstpartikel werden ganz besonders lange in der Lunge gespeichert. Sie durchdringen die Kapillarwände (…), kommen ins Blut und können in den wichtigsten Organen direkt als Partikel nachgewiesen werden. Darin liegt die große Gefahr. Diese Feinstaubpartikel haben eine sehr lange Lebensdauer unter atmosphärischen Bedingungen. D.h. wir müssen alles daran setzen, gerade die Feinstäube aus toxikologischen und umwelttoxikologischen Gründen zu reduzieren, aber in allen Fällen, nicht nur bei der Müllverbrennung!

Ein einfaches Beispiel sehen sie hier an diesem Pollenkorn. Da sitzen so Partikel drauf, dass sind kleine Ruß- und Staubpartikel, die auf den Pollenkörnern gebunden werden und die Gefährlichkeit des Pollens verstärken. Es nehmen in bestimmten Gebieten die Allergien zu, nicht weil die Pflanzen gefährlicher werden, sondern weil die industriellen Stäube sich auf den Pollen niederschlagen. Der Stoffwechsel der Pollen verändert sich und sie wirken dadurch gefährlicher.

Zusammengefasst sind drei Tatsachen wesentlich:

- die unbekannte Zusammensetzung der Abgasfahnen;
- die Unfähigkeit der Wissenschaft, die komplexen Schadstoffgemische überhaupt wissenschaftlich in ihrer Gefährlichkeit zu bewerten. Wir sind ja meistens von Einzelstoffen ausgegangen, wenn wir sie nachgewiesen haben. Bei Gemischen hören wir auf, weil wir sie nicht verstehen. Wir wissen nur, dass Staub, chemische Belastungen usw. zusammen die Gefährlichkeit potenzieren, sie also nicht nur einfach in die Höhe schnellen lässt. Dann brauchen sie sich nicht zu wundern, dass durch diese Gemische sehr diffuse Störungen des Immunsystems, der Infektanfälligkeit, des Hormonsystems auftreten. Ganz zu schweigen vom Krebsrisiko durch solche Schadstoffgemische.
- der ökotoxikologische Aspekt, d.h. die Belastung der Umwelt. Wenn Abgasfahnen ausgewaschen werden, wird ja auch unsere Umwelt belastet, unsere Weidetiere, die gesamte Vegetation.

Aus all diesen Gründen haben wir dringend nach Alternativen gesucht. Ich bin heute noch dankbar, dass ich aus irgendeiner Notiz in irgendeiner Zeitung auf Prof. Rosin und sein Kälteverfahren aufmerksam geworden bin. Seit den letzten 15 Jahren habe ich keine Gelegenheit versäumt, ihn und sein vorzügliches Verfahren zu preisen, weil dieses Verfahren eben all die genannten Probleme nicht erzeugt sondern vermeidet.

Ich bin auch aus diesem Grunde mit vollem Herzen und Begeisterung zu ihnen gekommen, um auch da noch mal etwas den Daumen drauf zu halten. Denn es ist leider so: Albert Einstein hat ja sehr viel Kluges gesagt (…): „Ein bequemer Mensch löst Probleme, ein kluger Mensch vermeidet sie“.

Was wir also brauchen, sind keine Korruption und keine buntschillernden Sprechblasen aus hohlen Köpfen, sondern ehrlich gemeinte und umgesetzte Innovation. Das führt uns weiter im ehemaligen Volk der Dichter und Denker.

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