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Hubert Bauer, Delegationsleiter

IMG 20161108 WA0012Liebe Freund*innen,

wegen der bewegenden Erlebnisse rund um die Platzbesetzung der Lehrer*innen habe ich bis spät geschrieben, um neben der UG, durch Information von rf-news und meiner IG Metall-Verteiler nach Baden-Württemberg eine breitmöglichste Bekanntheit der sensiblen Situation dieser begeisternd kämpfenden jungen Leute zu ermöglichen. Es sind aktuell ca. 500 Personen in verschiedensten Städten Marokkos, die sich an dieser Auseinandersetzung beteiligen und mit Platzbesetzungen und Hungerstreik in einem diktatorischen Land hervorragenden Mut zeigen. So eine Jugend brauchen wir in allen Ländern.

Sie versprachen uns, uns mit ihren Kentnissen (in Sprache und Land) auch unsere Anliegen als UG-Delegation nach Kräften zu unterstützen.

Da wir uns auch um unsere Dinge intensiv kümmern müssen, werde ich Ihnen heute vorschlagen, dass sie uns täglich englisch und französischsprachige Tagesberichte machen, die wir dann unbearbeitet nach Deutschland in alle uns möglichen Kanäle weiterschicken. Das hat 2 Vorteile:
1. Die Berichte sind aus erster Hand kompetent und ohne Übersetzungsmängel
2. Wir können uns voll auf die eigentlichen Delegationsaufgaben konzentrieren.
Wir haben unsere Telefonnummern hinterlassen und sie gebeten, sobald wieder Polizeiaktionen kommen, uns anzurufen; wir eilen dann sofort dahin, um ihnen durch unser Dortsein Unterstützung zu geben. Ausländische Touristen werden aktuell wie rohe Eier von den staatlichen Behörden behandelt, wegen der cop22-Show.

IMG 20161108 WA0005Nun zu dieser wirklich abartigen cop22-Show:

Die zwei Leute vom Verlag Neuer Weg, die auch hier sind, und unsere Sonja haben es nach mehrstündiger bürokratischer Ablehnung einer Akreditierung geschafft, locker, unkontroliert und vollkommen unbehelligt in die Grüne Zone vorzudringen. Wir waren bisher nur unseren westlich geprägten Vorstellungen von Systematik und Ordnung auf den Leim gegangen und haben geglaubt, was Offizielle hier sagen.

Der Reihe nach:
1. Wir waren ständig zu einem Beschwerdebüro verwiesen worden, wo Dutzende von Leuten insbesondere einfach marokanische Umweltaktivisten, Initiativen und kleinere Kooperativen, die in der "Grünen Zone" irgendwelche Dinge machen wollten alle miteinander bürokratisch abgehandelt und abgeblockt werden. Da sitzen drei junge Leute ohne irgendwelche Ahnung mit einem Computer, indem die eigentlich gemachten Anmeldungen irgendwie chaotisch registriert sein sollen. Doch sie finden niemand und sagen allen: Leider kein Zugang.
2. Dann sind unsere Leute einfach aufs gerade wohl raus zum cop22-Gelände gefahren. Sie kamen problemlos durch den Sicherheitscheck und dann ohne überhaupt nach dem Ausweis gefragt zu werden, geschweige denn nach der Registrierung oder Eintrittsgeld in die Ausstellungshallen.
3. Sie fanden eine Ausstellung vor die den Charakter einer Industriemesse hat durchsetzt von vielen leeren Stände und ziemlich chaotischer Desorganisation. Es gibt keinerlei Gesamtübersicht über die Aussteller. Nach der Bitte, wo wir einen Stand aufstellen dürfen wurden sie in eine Ecke verwiesen. Dort war bereits ein Stand von marokanische Umweltfreunden. Die nach Erklärung der Situation sofort angeboten haben an ihrem Stand mitauszustellen und unsere Informationen zu verbreiten. Die Leute vom Verlag haben arabisch- und französischsprachige Literatur und Flyer. Wir leider noch nichts. Wir wollen dieses Angebot der Marokkaner nutzen! Das spart Tischkauf und sonstige bürokratische Aktivitäten. Weil wir zudem erfuhren, wo es einen Stand direkt an der Grünen Zone gibt, an dem man täglich problemlos und kostenlos Tagesausweise bekommt, falls es doch noch zu Kontrollen kommt. Das ist krass, die eigene Bevölkerung wird verarscht und abgewimmelt, die Ausländer dürfen problemlos rein?!
4. Wir kamen zu der Einschätzung, dass hier alle Basisaktivitäten marokanischer Umweltaktivisten vom cop22- Bereich ferngehalten sollen. Einzelne sind doch durchgedrungen und stehen nun neben industriellen Greenwasher einsam auf verlorenem Posten.
5. Offen ist für uns die Frage, ob wir dieses Klientel der Green Zone überhaupt bedienen wollen? Es gibt jede Menge Geschäftsmodelle, eine Art Industriemesse für Umweltschonende Produkte. Jede Menge Energiemonopole stellen ihre Dienstleistungen vor. Nur kleine Ministände dazwischen mit NGO, die sich zum Thema einsetzen. Alles marokanische Organisationen und Siemens.  Aber keine marokanische Umweltorganisationen nur kleine regionale Initiativen wie zur Reinhaltung des Wassers in der Oasenstadt Quarzazat. Mazen als Betreiber von Noor hat einen Riesenstand zur kapitalistischen Lösung der Umweltprobleme. Stühle und Tische aus Pappe und Werbung für recyling Plastikflaschen. Misbrauch des Begriffs Kreislaufwirtschaft. Die EU fördert die Klimaanpassung. Es gibt nur einzelne gute Initiativen wie "Stop Fracking"! Die Aufkleber verteilen.
6. Kurzum: Es gibt den Gipfel und es gibt die tatsächlichen Umweltprobleme und den Kampf um deren Lösung. Beim cop22 sind die allerdings nicht erwünscht, insbesondere wenn sie nicht von Offizieller Seite der Industrie und Regierungen kommen. Das muss entlarvt werden! Deshalb gehen wir gleich nochmal hin: Adressen sammeln der wenigen guten Initiativen und Fotos machen, welch abscheuliche Umweltshow da abgeht, die übrigens massiv Resourcen verschwendet. Wollen dem sonst aber eher fernbleiben und verstehen nun den Boykott des Umweltbündniss "redacop22" noch besser.
7. Wir haben eine Druckerei gefunden. Als Anfangsauftrag haben wir je 200 bestellt der UG Programme in arabisch, französisch und englisch.

Um 9.30 Uhr ist wieder Start in die Green Zone und vorher wollen wir schauen, wie die jungen Lehrer*innen die Nacht überstanden haben.

Liebe Grüße,

Hubert