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Liebe Freund*innen,

heute nur der Demobericht, nachdem gestern die letzte Delegations­teilnehmerin nach Hause flog und, wie ich inzwischen hörte, dort auch gut angekommen ist:

161113 Unterwegs mit UG TranspFarbenfroh und Lautstark – Demonstration von Klima­aktivisten aus aller Welt in Marrakesch zum cop22-Wochenende

Am Fußballstadion, in dem heute die „Climateshow“ stattfinden soll, begann die Demonstration zum cop22. Die ungefähr 2000 Demonstranten waren zur Hälfte bunt gemischt aus allen Ländern, zur anderen Hälfte Aktivisten der unterschied­lichsten marokanischen Organisationen, vor allem gewerk­schaftlich geprägt. Es gab auch königstreue Teilnehmer, die den cop22 idealisierten. Viele Student*innen aus „Beobachter“-Teams der verschiedensten Teilnehmer-Länder gaben sich ein Stelldichein. Die nun erstmals sichtbare Kritik am cop22-Geschehen tat der guten Laune keinen Abbruch. Die vielfältige, inter­nationale Zusammensetzung, das Gefühl, aus allen Ländern für ein Ziel, das Überleben der Menschheit, zu demonstrieren sorgte für über­schäumende Begeisterung. Da konnte auch der immer wieder in die Demonstration drängende Autoverkehr nichts dran ändern.

Als lautstarker Block der stundenlang arabische Sprech­parolen rief, präsentierte sich erstmals das Bündniss „redacop22“ den cop22 Teilnehmern. Sie verbanden ihre deutliche Kritik am Paris-Vertrag mit grundsätz­licher Kritik am Kapitalismus. „No climate justice under a dominant capitalistic system“ und mit „There is no climate equity without social equitv“ verbinden sie die soziale und die Umwelt­frage. Mit einem größeren selbstgemalten Plakat wurde z.B. der schlechte Witz angegriffen, dass das königliche Phosphat­unternehmen, als bekannter industrielle Umwelt­verschmutzer, offizieller Sponsor des cop22 ist.

Da reihte ich mich ein, als nun einziger UG-Repräsentant mit unserem Transparent: „Gemeinsam die Erde vor dem Kollaps retten!“ Es war das einzige deutsch­sprachige Transparent im Zug und fand große Aufmerksamkeit bei den vielen Fotographen. Mitunter hatte ich das Gefühl, dass mehr Fotografen am Rande standen, als Teilnehmer mit­marschierten. Dass die Umwelt­gewerkschaft unübersehbar wurde, verdanken wir der Mithilfe marokanischer Mitdemonstranten. Zunächst half ein Gewerkschafts­vertreter, später ein junger Student von „attac Marokko“, und die längste Zeit der Vertreter eines „Stop Fracking“-Bündnisses, über den ich bereits berichtet habe. Mit seiner abgebrühten Demoerfahrung war er stets besorgt, dass wir mit unserem Transparent medienwirksam zu sehen waren. Mit etwas Abstand nach Vorne liefen wir direkt vor dem begeisternd auf Englisch rufenden Jugendblock. Jede Parolen­pause nutzte er aus, um eigene Parolen gegen Fracking und Schiefergas­gewinnung zu intonieren, die selbst auf arabisch von den Jugend­lichen aufgenommen und mitgerufen wurden.

Es gab einzelne Kaufangebote für unser Transparent, dass ich immer wieder inhaltlich erklären mußte. Vor Beginn und am Demoende habe ich unsere 3-sprachigen Flugblätter verteilt. Sie gingen weg wie warme Semmeln. Insbesondere die marokanischen Demo-Teilnehmern und Beobachter rund um den Zug stellten sich regelrecht an, um eines zu bekommen. Sie bedankten sich auch für jedes Exemplar herzlich. So etwas wäre in Deutschland wäre ein Kulturzugewinn. So ist es selbst bei kleinstem Personal­aufgebot der Umwelt­gewerkschaft gelungen weltweit sichtbar und bekannter zu werden.

Das ist auch nötig. Mir wird inzwischen deutlich klarer, dass nicht nur unsere Idee der Verbindung von Arbeiter- und Umwelt­bewegung eine Weltneuheit ist. Die Idee einer massenhaften Organisierung gerade aus der Breite aller umwelt­bewegten Menschen ist kaum verbreitet. Hier sind vor allem Spezialisten am Start. Die Masse der Menschen in Marrakesch hat die Demo mit großer sichtbarer Sympathie aufgenommen, doch eigentlich hätten sie alle mitlaufen sollen. Die Erde vor dem Kollaps bewahren wird ein paar tausend Spezialisten nicht gelingen. Hier müssen alle ran!

Es kommen später noch Bilder....


Grüße aus Marrakesch

Hubert