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Heute fuhren wir mit U- und S-Bahn in den Süden von Santiago, in den Bezirk San Bernardo. Wir waren eingeladen von dem seit 30 Jahren bestehenden Umwelt- und Sozialzentrum "Canelo de Nos". (Canelo ist der bei den Mapuche-Ureinwohnern heilige Zimt-Baum, Nos ist der Stadtteil). Alejandro, einer der Leiter des Zentrums, war damals beim 2. umweltpolitischen Ratschlag in Deutschland dabei. Wer sich erinnert: auf diesem Ratschlag wurde der Vorschlag zum Aufbau einer neuen Art Umweltorganisation, einer Umweltgewerkschaft, erstmals breit öffentlich diskutiert. Alejandro und seine Mitstreiter*innen waren nun sehr interessiert, was daraus geworden ist.

Das Gelände des Canelo ist wunderschön und mit viel Eigenarbeit angelegt, mit Säälen, Räumen und Gärten für Veranstaltungen und Workshops, sowie Hütten und Zimmern für Übernachtungsgäste.

Santiago Canelo de Nos1

Die ganze Veranstaltung stand auf der Kippe, da es in den letzten Tagen in den Straßen des Viertels immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen von jugendlichen Drogenbanden mit der Polizei gab, in deren Verlauf auch das Canelo angegriffen worden war. Die Spuren eines Brandanschlags waren deutlich zu sehen. Gleichzeitig entfalteten sich auch hier in dieser ärmeren Gegend, wie in ganz Chile, massive soziale Proteste gegen die Pinera-Regierung und die ganze 30-jährige Privatisierungs-Politik des "Neoliberalismus". Vor 1 Woche warfen Polizisten Tränengasgranaten mitten in eine friedliche Demo der Anwohner. Eine junge Mutter dreier Kinder verlor ihr Augenlicht komplett! 

Das "Canelo" entschied sich, die Veranstaltung heute trotzdem durchzuführen, gerade auch wegen unseres Besuchs, allerdings verkürzt und mit weniger Teilnehmern. Im ersten Teil gab es 3 Impuls-Vorträge: Als Erstes eine hochinteressante Präsentation eines Bergbau-Ingenieurs über die Folgen der Feinstaub-Entwicklung durch die Tagebaue in Chile und Peru. Vieles war neu für uns! Die mit Schwermetallen belasteten Feinstaubwolken der riesigen Tagebaue werden über Hunderte Kilometer weitergetragen. Sie bedecken die Andengletscher und lassen sie dadurch schneller schmelzen, sie bedecken den Ozean, was zu dessen zusätzlicher Erwärmung führt, sie kontaminieren die Landwirtschaft und greifen die Gesundheit der Bevölkerung an.  (Der Kollege hat uns die Präsentation freundlicherweise zur Verfügung gestellt und wir können sie für die UG.Arbeit verwenden.)

Santiago Canelo de Nos3

 Als zweites stellte Gernot in einem 10-Minuten-Beitrag die Umweltgewerkschaft vor, und warum die Vereinigung von Umwelt- und Arbeiterbewegung so eine große Bedeutung für die Verhinderung einer globalen Klima- und Umweltkatastrophe hat. Schließlich als Drittes eine Präsentation von Anna, der Repräsentantin der MLPD/ICOR-Delegation, über die Rolle der Frauenbewegung für die Umweltbewegung und umgekehrt, und warum nach Meinung der MLPD sowohl die Umweltfrage als auch die tatsächliche Befreiung der Frau eine revolutionäre Veränderung der Gesellschaft erfordert.  

In der anschließende Diskussion zeigten sich mehrere Leute positiv überrascht, dass es so etwas wie eine Umweltgewekschaft gibt. Wie kam es dazu?  Wie könnte das auch in Chile gelingen? Das Bedürfnis nach Zusammenschluss der vielen umweltpolitischen Initiativen und Kämpfen auf einer höheren Grundlage war - ähnlich wie letzte Woche in Peru -  deutlich zu spüren.

Nach einer kurzen Pause mit Fingerfood und Getränken ging es im Garten weiter mit einer "Cabildo". Die Cabildos sind kleine und große selbstorganisierte öffentliche Versammlungen in den Stadtteilen, die in ganz Chile in den letzten Wochen wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Überall wird diskutiert, werden Forderungen beraten, Kämpfe ausgewertet, die brutale Staatsgewalt angeprangert, Solidarität mit Betroffenen organisiert...

Santiago Canelo de Nos2

Die heutige Cabildo im "Canelo de Nos" diente der Vertiefung der aufgeworfenen Umweltprobleme, und welche Lösungsmöglichkeiten die Leute sehen. Alle Aspekte der Diskussion wurden auf Wandtafeln festgehalten. Die Umweltfrage in ihrer ganzen Vielfalt soll unbedingt in eine neue Verfassung eingehen, dafür sollte diese Cabildo einen Beitrag leisten. (In Chile gilt immernoch die Verfassung aus der Zeit der faschistischen Pinochet-Diktatur; darin ist insbesondere die völlige Privatisierung der Natur, des Wassers, der Wälder usw. festgeschrieben. Eine neue, vom Volk erarbeitete demokratische Verfassung ist eine Kern-Forderung der aktuellen Massenproteste in Chile. Aber ob das die herrschenden Konzerne und ihre politischen Wasserträger zulassen werden? Und selbst wenn, ist das dann nicht nur ein weiteres Stück Papier? Darüber wird heftig diskutiert...).

Santiago Canelo de Nos4

 Unter den Obstbäumen des "Canelo de Nos" verabschiedeten wir uns herzlich, nachdem wir einige Adressen und Überlegungen für eine mögliche zukünftige Zusammenarbeit ausgetauscht hatten.

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