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Kategorie: Deutsche Bahn und S 21

Rede von Bernhard Löffler, DGB-Regionsgeschäftsführer Nordwürttemberg, auf der 324. Montagsdemo am 6.6.2016

Für Geld mach ich alles Platt

Verfehlte Bahnpolitik – Stellenabbau bei der DB-Cargo

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist schön, mal wieder bei euch zu sein und danke für die Einladung, zu euch zu sprechen. Aber es gibt auch genügend Grund – aus gewerkschaftlicher Sicht – mal wieder die DB und ihr Missmanagement zu kritisieren.
Ihr habt es sicher schon mitbekommen: Der Vorstand der DB Cargo – eine der vielen Bahngesellschaften – plant den Kahlschlag im eigenen Betrieb und auf dem Rücken der Beschäftigten, allerdings in ihrem sogenannten „Zukunftskonzept“ auch zu Lasten kleiner und mittlerer Firmen, sowie strukturschwacher Regionen.

Vor allem der Arbeitsplatzabbau ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten. Es sind doch die Beschäftigten, die dafür sorgen, dass das Unternehmen funktioniert. Das beweisen mehr als 800.000 Überstunden! Gesundschrumpfen, sparen auf Teufel-komm-raus und die „Schwarze Null“ sind leider keine neuen oder unbekannten Erscheinungen der letzten Jahre. Allerdings – bei all diesen Plänen fehlt es an Sinn und Verstand. Mir konnte noch niemand erklären, wieso ein Staat, eine Kommune oder eine Stadt, die keine Investitionen mehr tätigt, handlungsfähig bleiben soll.

Und das gilt selbstverständlich auch für die DB Cargo: Wie soll das gehen und wie soll der Betrieb funktionieren, wenn die Grundlage, nämlich Infrastruktur, Menschen, die die Arbeit machen, Erneuerungen usw. aufgegeben werden? Nichts anderes passiert nun bei der DB Cargo. Das Management beschließt einen neuen Kurs und der heißt: Kahlschlag im Gütergeschäft. Natürlich kann man fragen, wieso treffen die Verantwortlichen solche Entscheidungen?

Die Antwort ist sehr einfach: Die DB Cargo hat in den letzten Jahren ihren Apparat aufgebläht und Manager eingestellt, die schlicht gesagt von Tuten und Blasen keine Ahnung haben und ihr Handwerk nicht beherrschen. Da werden keine Zielumsätze angestrebt, stattdessen wird die Effizienz einzelner Waggons berechnet.

DB Cargo ist ein Betreiber unter vielen im Schienentransportgeschäft und wenn man, auch noch als größter Akteur, seine Arbeit ordentlich machen würde, dann könnte ein Schuh daraus werden: Konkret heißt das:

• Angebote schaffen,
• Akquise betreiben,
• Kunden bewerben,
• Infrastruktur und vor allem genügend Personal vorhalten!

Die Kunden haben ein Interesse an einer funktionierenden Güterbahn, nicht zuletzt aus Eigennutz. Eine funktionierende Güterbahn spart Kosten, angefangen bei der Beschaffung von Fahrzeugen, bis zur Kostenminimierung von Umweltbelastungsabgaben und entspannterem Verkehr auf den Straßen.

Der Logistik- und Gütertransport ist ein wichtiger und wachsender Markt, leider mit all den Verwerfungen, die im freien kapitalistischen Marktwettbewerb passieren. Als Beispiel nur ein kurzer Blick auf das relativ neue Fernbusgewerbe: Dort gibt es kaum eine Schweinerei, die ausgelassen würde, wie unwürdige Bezahlung und Ausbeutung unserer Kolleginnen und Kollegen bis zum geht nicht mehr. Im Güterbereich herrschen dagegen derzeit noch halbwegs ordentliche Bedingungen und auch Löhne, die der geleisteten Arbeit einigermaßen angemessen sind.

Die meisten unter uns haben kaum eine Vorstellung, was Güterverkehr auf der Schiene heutzutage heißt. Die romantischen Eisenbahnzeiten sind längst vorbei, als jeder mittelständische Betrieb einen Gleisanschluss hatte und dann einmal in der Woche einen Güterwagen unter großem Strecken- und Rangieraufwand vor die Tür geschoben bekam. Es geht heute nicht mehr darum, ob Bananenkisten per Güterwaggon auf den Großmarkt geschoben werden. Nein, Güterverkehr heute heißt: Ganzzüge, also Züge, die ein Massengut – egal ob Autos, Kohle oder Benzin – auf direktem Weg von A nach B bringen.

Hier ist die DB Cargo als weitaus größtes Unternehmen gut im Geschäft. Das ist das eine Segment. Ein weiteres sind kleinere, aber durchaus lukrative Transporte mit mehreren Waggons voll Kies oder sonst was, die eine Anbindung und Zulieferung sinnvoll machen und damit zur Alternative zu vielen LKW werden, die sich durch einen zunehmenden Verkehrskollaps quälen müssen.

An dieser Stelle muss das Bahn-Management seine Hausaufgaben machen und als verlässlicher Anbieter seine Stärken ausbauen: Wachstum – Qualität – Produktivität – Beschäftigung sind die notwendigen Stichworte, und eben nicht der Kahlschlag von Arbeitsplätzen und Infrastruktur!

Wir fordern deshalb:
• Stoppt den Kahlschlag bei der DB Cargo!
• Mehr Güter von der Schiene auf die Straße!

Leider ist es so: In Deutschland regiert – hier wie anderswo – das Geld die Welt. Auch die Bahn ist seit der Privatisierung 1993 ein Privatunternehmen. Damals stimmte der Deutsche Bundestag mit 558 Ja-Stimmen und nur 13 Gegenstimmen für ein Gesetzespaket namens Bahnreform, welches u. a. zur Umwandlung der Staatsbahn in eine Aktiengesellschaft führte. Damit ist die Bahn eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft im alleinigen Besitz des Bundes.
Und der verdient an diesem Betrieb: Die Entnahme aus dem Gewinn der Bahn AG beträgt jährlich eine halbe Milliarde Euro. Das ist nichts anderes, als wenn Aktionäre ihre Rendite wollen!

Wir Gewerkschaften kämpfen täglich aufs Neue für soziale Gerechtigkeit, für ordentliche Löhne und in erster Linie für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Ca. 130.000 Kolleginnen und Kollegen sind bei der Bahn beschäftigt, und sie sind besorgt, weil es ihre Arbeitsplätze sind, um die es geht. Ihre Sorge um eine sichere Beschäftigung ist durchaus berechtigt, wie die Stellenabbau-Pläne von DB Cargo zeigen.

Wie schwierig die Situation der Bahnbeschäftigten geworden ist, zeigt nicht nur das Gewinnstreben eines Aktienunternehmens, sondern auch die Interessenspolitik von Staat oder öffentlicher Hand. Denn: Zum Verkehrskollaps durch Gütertransport auf den Straßen haben Bund und Land mächtig mitgeholfen. Wenn wir über die Unsinnsplanung von DB Cargo reden, dann muss auch über das Versagen der Politik gesprochen werden, eine gesellschaftsfähige, moderne Verkehrsstruktur auf die Wege zu bringen. Diese Lustlosigkeit gibt es nicht nur im Bund, sondern auch im Land und in der Landespolitik.

Die Ausschreibung des Regionalverkehrs mit dem einzigen Ziel, den Bahnverkehr noch weiter zu privatisieren und die Bahn AG weiter zu zerschlagen, ist Kindergarten auf Kosten von Arbeitsplätzen! Jedes Detail wurde in den Ausschreibungen des Landes vorgegeben, von der Farbgebung der Fahrzeuge bis zur Ansage in „leichter Sprache“. Kein Wort findet sich jedoch in den Ausschreibungen zu den Anforderungen an soziale, gerechte und fair bezahlte Arbeitsplätze bei der Bahn! Kein Wort zu Anforderungen der Arbeitsplatzgestaltung, Weiterbildung, Arbeitsbelastung! Da gibt es nur eine Berufung auf das Tariftreuegesetz, was nichts anderes besagt als die Einhaltung des Mindestlohnes, was ja eine Selbstverständlichkeit ist.

Die Kolleginnen und Kollegen bei der DB Regio, die die Arbeit bisher leisten, bekommen heute fast das Doppelte an Stundenlohn wie Beschäftigte in Privatbahnen. Künftige Anbieter haben als erstes erklärt, dass dieses Niveau nicht zu halten sei. Was hier passiert und von der Landesregierung mit solchen Ausschreibungen vorangetrieben wird, ist keine sinnvolle Verkehrspolitik, sondern Lohndumping! Wer für einen sinnvollen Güterverkehr auf der Schiene ist, der muss auch für sinnvolle und gute bezahlte Arbeitsplätze sein! Das gilt im Bund genauso wie im Land!
Der DGB fordert deshalb mit seinen Gewerkschaften einen Masterplan Mobilität, damit die Verkehrsinfrastrukturpolitik wieder den dringend notwendigen Anschluss bekommt. Wir wollen keine neoliberalen Einsparungsideen, die auf dem Prinzip basieren, an den Bedürfnissen, den Notwendigkeiten und der Funktionalität der Gesellschaft vorbeizuplanen.

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die Beschäftigten der DB Cargo protestieren gegen die Kürzungspläne. Am kommenden Mittwoch, den 8. Juni, demonstrieren sie vor dem Bahntower in Berlin, wo die Aufsichtsratssitzung stattfinden soll. Ihr seid herzlich eingeladen nach Berlin zu fahren. Denn jede Stimme, die sich bemerkbar macht, ist wichtig und macht uns lauter und deutlicher gegen eine desolate Managementpolitik der DB Cargo.

Kein Arbeitsplatzabbau von 3.000 Stellen bei DB Cargo und für einen zukunftsweisenden Schienengüterverkehr im Interesse der Menschen!
In diesem Sinne: oben bleiben! Ich danke für die Aufmerksamkeit