Drucken
Kategorie: Verkehr

Die Rechtsentwicklung der Bundesregierung geht einher mit einer verschärften Rationalisierung und Arbeitsverdichtung in vielen Betrieben. Erst recht bei VW – fallen sie doch im internationalen Konkurrenzkampf immer weiter zurück.

Hier wird so mancher sagen: Was? Sie machen doch Traumprofite?
Ihre Traumprofite und Erfolgsmeldungen sind so überschwenglich wie oberflächlich: Wenn die Rede ist von 6,1% Absatzplus im Mai 2018, so muss man das differenziert betrachten. Die EU fällt weit zurück, in Deutschland liegt der Absatz gar bei 2%, in den USA bei 3%. Auch im chinesischen Markt verliert VW an Boden mit einem Plus von nur noch 6,6% - die riesigen Märkte sind Brasilien mit 28% und Russland im zweistelligen Bereich ( keine genauen Zahlen bekannt). In der Ranking Liste der 500 größten Monopole der Welt fallen sie seit 2015 kontinuierlich ab.
Gleichzeitig deutet sich nun schon ein Rückfall des europäischen Marktes an – so berichtet die SZ am 8.6. von einer Auftragsflaute der deutschen Industrie und vor allem einem Rückgang der Investitionsgüterindustrie – also im Maschinen und Fabrikenbau. Dieser Rückgang ist dem Rückgang in der Konsumgüterindustrie immer vorgelagert und ist Vorbote einer Wirtschaftskrise. Bisher sind es nur 1,1% Rückgang, der Trend geht aber abwärts. Mit dem Handelskrieg zwischen China und den USA droht nun auch die Überschwemmung des europäischen Marktes mit den chinesischen Produkten, die bisher in die USA gingen – mit unabsehbaren Folgen für die europäischen Monopole.
Doch als ob das nicht schon Probleme genug wären:
Durch die tiefe Vertrauenskrise wirkt die VW Betriebsphilosophie immer weniger in der Belegschaft. Verschiedene Zeitungen, u.a. das Handelsblatt, ndr, Bild Zeitung berichten Mitte Februar von einer betriebsinternen Umfrage unter 52000 Mitarbeitern bei VW ausgehend vom Betriebsrat des Konzerns. Die Überschrift im Handelsblatt lautete ( 15.2.): „Die Wut der Mitarbeiter auf die VW Führung wächst“. Von einer harten Abrechnung ist die Rede. Der NDR berichtet, dass 2 von 3 Mitarbeitern der Meinung ist, dass die Aufklärung ungenügend läuft, dass von einem Kulturwandel nichts zu spüren sei. Doch die Ergebnisse der Umfrage wurde bis heute nicht veröffentlicht. Sind sie vielleicht zu schlecht und würden die Situation für VW nur noch verschlimmern? Die Forderung nach der Herausgabe dieser Umfrageergebnisse ist wichtig für die IGM Mitglieder in der UG – fragt alle nach in euren Verwaltungsstellen!
Die Kritik am VW Vorstand wächst und zeigt sich in diversen Kleinkriegen in den Abteilungen, in denen sich die Kollegen wehren.
Was bedeutet „Kleinkrieg“? Ich will euch das an 3 Beispielen des letzten Monats im Werk Wolfsburg verdeutlichen:
1. In der Halle 54 z.B. wehrt sich seit Monaten die ganze Montagelinie dagegen, dass das Team der Türenverkleidung aufgelöst werden soll. Sie wollen dadurch 7 Arbeitsplätze einsparen. Diese Arbeit ist schwer, man drückt eine Dichtung in die Türkverkleidung und muss dafür mindestens 1,75m groß sein. Es gab also extra ein Team mit „großen Leuten“ dafür. Nun sollen die Plätze wegkommen und die Arbeit in die Teams aufgeteilt werden. Dann machen das auch die kleinen Frauen. Die sollen entweder Hocker bekommen oder die ganze Linie soll weiter nach unten verschoben werden – das hätte aber die Konsequenz, dass sich die größeren Kollegen wiederum ducken müssten. Das kommt einem vor wie Kleinigkeiten. Aber wenn ein Kollege in einer Schicht 360 mal solche Bewegungen machen muss und das über Jahrzehnte, dann stellt euch mal die Auswirkung vor! Jetzt sollen sich die Kollegen streiten, ob es besser ist, wenn einige sich ducken oder wenn die Frauen Hocker bekommen. Diese Wahl zwischen Pest und Cholera hat die Mehrheit der Kollegen erstmal abgelehnt und gesagt, sie wollen den ganzen Vorgang nicht und lassen sich nicht spalten. Das ging auf Initiative des Vertrauensmannes der IGM zurück. Sehr gut! Außerdem braucht man derart Kraft für die nötige „Ziehprobe“ am Schluss ( man zieht die Dichtung fest nach außen und prüft, ob sie hält), dass schon in den Arbeitsversuchen die Frauen das nicht geschafft haben. Die Absprache unter den Kollegen ist nun: Keiner schafft die Ziehprobe, keine gibt sich Mühe! So wehren sich die Kollegen.
2. Wir fahren derzeit Pflichtschichten am Wochenende und im Urlaubskorridor, damit VW noch ihre Autos mit den alten Prüfverfahren vor dem 1.9. auf den Markt bringen kann. Dieses Prüfverfahren wurde schon als Verbraucherbetrug entlarvt. Und wir sollen uns nun die Wochenenden um die Ohren schlagen dafür? Es tauchten schon kleine Handzettel in der Belegschaft auf, in denen kurz aufgeklärt wurde mit der Frage: „Sollen wir uns wirklich dafür hergeben?“ Das wirkte. Bei der Abfrage, wer in der KW 28 seinen Urlaub verschiebt haben sich von 3000 Kollegen gerade mal 92 gemeldet – nun wurden die Sonderschichten dort abgesagt! Das ist ein Riesenverlust für VW! Die angesetzten 10 Stunden Schichten im Juli wurden aufgrund vom Widerstand der Kollegen abgesetzt, es gibt nur noch 8,5 Stunden und die sind freiwillig usw. usf. Es sickert durch, dass VW im Oktober alle ehemaligen Leiharbeiter übernehmen wird, weil sie offensichtlich vor der Belegschaft in der Frage zurückweichen. Das sind alles Dinge, bei denen der VW Vorstand Kompromisse eingehen muss, um keine Kampfsituation in der Belegschaft heraufzubeschwören.

3. VW's hauptsächliche Methode des Arbeitsplatzabbaus ( 30000 Stellen bundesweit) besteht deshalb auch auf keinen Fall darin, Leute aus den Montagelinien oder Fertigungsbereichen direkt anzugreifen. Sie gehen auf die sogenannten „indirekten Bereiche“ - also die Angestellten, Sachbearbeiter, aber auch die Instandhalter, Qualitätssicherer usw. Dabei schüren sie bewusst eine Spaltung zwischen Arbeitern und Angestellten und erwecken den Eindruck, es ginge den „unproduktiven Sesselfurzern mit den Klemmbrettern in den klimatisierten Büros“ nun an den Krage, und erhoffen sich Applaus von den Arbeitern an den Maschinen. Damit müssen wir Kollegen nun fertig werden – viele gehen dem noch auf dem Leim und freuen sich, dass es die „Richtigen“ trifft.

Die nun erfolgte Strafzahlung von 1 Milliarde und die Medienkampagne, dass VW sich damit seiner Verantwortung stellt, ist eine taktische Verfeinerung der staatsmonopolistischen Struktur und sozialchauvinistischen Propaganda einerseits. Die WAZ titelt am 14.6. : „Bußgeld – Hammer: VW muss eine Milliarde zahlen.“ Nun hat VW ja angeblich „geblutet“ und damit seine Schuldigkeit getan. Das wird aber aufgrund der vertieften Vertrauenskrise in der Autoindustrie und dem fortgeschrittenen Stimmungsumschwung nicht den gewünschten Effekt haben. Am gleich Tag schreibt Thomas Beschorner in einem Gastbeitrag in Spiegel online: „In Wolfsburg dürfte man sich die Schenkel klopfen. Denn was nach dem ersten Anschein nach als blauer Brief erscheint, ist der vielzitierte Vogelschiss. Satte 995 Millionen € des Strafmaßes sind nämlich Einnahmen durch wirtschaftliche Vorteile geschuldet – Gelder also, die sich VW irgendwann einmal durch die Abgasmanipulation unbefugt angeeignet hat. Das eigentlich Bußgeld schlägt mit lediglich 5 Millionen € zu Buche, was etwa ½ Promille des Unternehmensgewinns im vergangenen Jahr ausmacht.“ http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/volkswagen-warum-wir-ein-unternehmensstrafrecht-brauchen-gastbeitrag-a-1212897.html)
Er fordert ein wirksames Unternehmensstrafrecht und rechnet aus, dass es eigentlich ein zweistelliger Milliarden Betrag sein müsste, den VW zahlen sollte.
Das finden wir richtig!
Die UG Forderungen sind:
Vollständige Umrüstung aller Dieselfahrzeuge mit SCR Kat auf Kosten der Autoindustrie
Gebührenfreier kostenloser ÖPNV und sein attraktiver Ausbau!
Abkehr vom Verbrennungsmotor und Umstellung auf emmissionsfreie Antriebe!
Kampf und jeden Arbeits – und Ausbildungsplatz in der Automobilindustrie!

Dazu rufen wir alle UG Gruppen zu Protestaktivitäten auf der Straße auf. Wir wollen den aktiven Widerstand auf der Straße organisieren und wollen uns damit auch einen Ruf verschaffen – warum wird dieses Thema seit 3 Jahren nur eine Zeitungsdebatte ist. Nichts gegen Aufklärung oder Alternativvorschläge, aber wann rücken wir denn nun der Autoindustrie tatsächlich auf die Pelle? Da müssen doch noch mehr Leute in den Knast als nur der Stadler, das kann doch nicht so eine Endlosdebatte werden um jede Kleinigkeit. Wir können diese Frage weder den bürgerlichen Politikern noch dem EU Parlament noch den verschiedenen Klägern oder gar den Konzernvorständen selber überlassen. Wir kleinen Leute setzen das durch – und sonst niemand! Das zu begreifen ist ein Bewusstseinssprung für viele Menschen, der liegt aber mehr als auf der Hand. Das ist damit verbunden, viele Menschen als Mitglieder zu gewinnen – das ist möglich, wenn sie verstehen, dass von ihrer aktiven Haltung und Kampfwillen viel abhängt – nämlich die Frage, ob wir in Zukunft in einer intakten Umwelt leben können oder weiter chronisch vergiftet und zugrunde gerichtet werden.

Wir traten am 18.6. in BS gemeinsam mit der hiesigen Montagsdemo die erste Protestaktivität dieser Art an – rege Zustimmung unter den Passanten. Viele tiefgehende Gespräche und wir konnten 1 Mitglied für die UG von der Straße weg organisieren – der war 2 Tage später auch gleich bei unserem Treffen. Er berichtete, dass er schlechte Erfahrungen im Engagement von früher nun überwinden will und sich entschlossen hat, wieder zu kämpfen. Ein Riesenerfolg – wir wollen weitermachen mit dem Protest auf der Straße.
Es ist auch möglich, dass wir in Niedersachsen am Wetlklimaaktionstag 8.12. den Schwerpunkt auf Aktionstage gegen die Autoindustrie und für unsere Forderungen legen. Beratet das doch heute auf der Konferenz.

Außerdem lade ich euch herzlich ein zu Werksführungen durch das Werk WOB – am 1.6. haben schon 12 Mitglieder der UG und Freunde teilgenommen – vielleicht können einige Anwesende selber davon berichten.