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Erklärung der Umweltgewerkschaft zur Regierungsbildung der „Großen Koalition“ 5. Mai 2018

Die Fortsetzung der „Großen Koalition“ (GroKo) unter Kanzlerin Merkel ist seit 14. März amtlich. Der vereinbarte Koalitionsvertrag ist ein Desaster für den Umwelt- und Klimaschutz! In dem Dokument wimmelt es von Worthülsen und vagen Ankündigungen.
Schon der Umfang zeigt, wie Umweltschutz gewichtet wird: Von gut 170 Seiten Vertragstext sind gerade mal 10 Seiten „Umwelt und Klima“ gewidmet, plus eine knappe halbe Seite Zusammenfassung.

Bezeichnenderweise werden die Abschnitte „Energie“ und „Verkehr“ gar nicht im Kapitel „Umwelt und Klima“ eingeordnet, sondern im Kapitel „erfolgreiche Wirtschaft“. Die Ausführungen zeigen, dass die Umweltpolitik in Wahrheit dem „wirtschaftlichen Erfolg“ noch weitergehend untergeordnet werden soll, als es bisher schon immer der Fall war. Umweltschutz soll Profit bringen und dem kapitalistischen Konkurrenzkampf nützen – also gerade das, was die Welt überhaupt in die Umweltkrise getrieben hat!
Im Koalitionsvertrag wird festgestellt: „Die globalen Kräfteverhältnisse haben sich in den letzten Jahren grundlegend verändert, politisch, wirtschaftlich und militärisch“. Der Koalitionsvertrag betont deshalb die besondere Abhängigkeit Deutschlands von der Entwicklung der EU als Basis, „sich in dieser Welt zu behaupten“. So gesehen ist „eine Umwelt- und Klimapolitik, die die Bewahrung der Schöpfung und den Schutz natürlicher Ressourcen mit wirtschaftlichem Erfolg und sozialer Verantwortung erfolgreich verbindet“, nichts anderes, als eine grobe Verfälschung der Wirklichkeit. Wie sieht diese nach der Regierungsbildung aus? Statt Nachrüstung der Dieselfahrzeuge mit SCR-Kat und Finanzierung eines gebührenfreien ÖPNV auf Kosten der Autokonzerne zur sofortigen Minderung der Luft-Schadstoffbelastung der Städte werden die Kosten für den millionenfachen Diesel-Betrug auf die Steuerzahler und die Autokäufer abgewälzt.
Weiter heißt es: „Wir setzen das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den Klimaschutzplan 2050 mit den für alle Sektoren vereinbarten Maßnahmenpaketen und Zielen vollständig um und werden Ergänzungen vornehmen, um die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 so schnell wie möglich zu schließen“. Diese „Ergänzungen“ stehen aber ebenso in den Sternen wie beispielsweise das „Aktionsprogramm Insektenschutz“, der „Masterplan zur Umsetzung des Weißbuchs 'Grün in der Stadt'“, oder der „Aktionsplan Schutzgebiete“. Lösungen und Aktionen werden so unbestimmt in die Zukunft verschoben. Die nicht erfüllten Klimaziele der Bundesregierung als „Handlungslücken“ zu bezeichnen, werten wir als Versuch, die bewusste Untätigkeit zu verschleiern.
Zum Thema Glyphosat steht im Vertrag: „...mit einer systematischen Minderungsstrategie den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich einschränken“. Für Letzteres gilt dann: „Die dazu notwendigen rechtlichen Maßnahmen werden wir in einem EU-konformen Rahmen verankern.“ Das ist völlig unglaubwürdig angesichts der Verlängerung der Glyphosat-Zulassung in der EU durch die ausdrückliche Zustimmung der letzten GroKo. Dabei hat fast jeder Mensch schon Glyphosat im Blut!
Verstärkt soll auch eine „Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ verfolgt werden – nicht etwa ein Kampf dagegen! Die Zielsetzung ist: „EU-Emissionshandel wollen wir als Leitinstrument weiter stärken“. Das profitable Geschäft mit dem Emissionshandel reduziert aber keine Emissionen und hat mit Klimaschutz überhaupt nichts zu tun – seit dessen Einführung stiegen die CO2-Emissionen um über 60%!
In Verbindung mit einer „Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz“ wird die geplante gesetzliche Absicherung „der Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen“ beschrieben, für die „ein hohes Schutzniveau für Mensch, Boden und Grundwasser (zu) gewährleisten“ ist. Sie soll „gleichzeitig aber praxistauglich und kosteneffizient ausgestaltet sein sowie Entsorgungsengpässe vermeiden“. Dazu gehört offensichtlich auch, die Einlagerung von Giftmüll in stillgelegten Bergwerken abzusichern. Die Flutung mit Giftmüll verfüllter und PCB-verseuchter Zechen im Saarland wurde nur durch die über 6000 Einsprüche aus der Bevölkerung aufgehalten, ist aber noch nicht abgewendet.
Entgegen dem Ziel „möglichst rasche Fertigstellung und Inbetriebnahme von Schacht Konrad als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle“ zeichnet sich aktuell eine weitere Verschiebung um 5 Jahre ab. Die Proteste gegen die geplante Inbetriebnahme sollen aber weiter ignoriert werden. Der Weiterbetrieb der Urananreicherungsanlage in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen sind im Koalitionsvertrag weiter unangefochten.
Eine wichtige Methode zur Dämpfung der Widersprüche wegen der Verschleppung dringend notwendiger Umweltschutzmaßnahmen soll auch in Zukunft die Einbindung bestimmter Vertreter von Umweltverbänden in ministerielle Entscheidungen sein. Der Passus „Wir werden eine Kommission 'Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung' unter Einbeziehung der unterschiedlichen Akteure aus Politik, Wirtschaft, Umweltverbänden, Gewerkschaften sowie betroffenen Ländern und Regionen einsetzen, die auf Basis des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 und des Klimaschutzplans 2050 bis Ende 2018 ein Aktionsprogramm ... erarbeiten soll“ zeigt das anschaulich.
Dort aber, wo den zerstörerischen Entwicklungen tatsächlich mit aktivem Massen-Widerstand entgegengetreten wird, schlägt diese „Einbeziehung“ schnell um in eine Kriminalisierung der Umweltbewegung, was den Rechtsruck der Regierung deutlicher erkennen lässt (Hambacher Forst, Castor Transporte, Aktionen gegen Braunkohle-Tagebau). Die von der Polizei provozierten Auseinandersetzungen mit Teilen der G20-Massenproteste waren der Ausgangspunkt für die Regierung, zusammen mit einer ungeheuerlichen Hetze eine „Linksextremismus“-Kampagne loszutreten. Kennzeichnend war, dass der politische Charakter der Kritik an der G20-Politik bewusst unterschlagen wurden. Stattdessen wurde der G20-Protest systematisch mit der Zerstörungswut krimineller und teils faschistischer Gruppen und Provokateure im Schanzenviertel in Verbindung gebracht.
Olaf Scholz, neuer Bundesfinanzminister, hat als verantwortlicher Politiker Hamburgs durch Leugnung der Polizei-Gewaltexzesse bei G20 eine wichtige Rolle gespielt. Am 5. Dezember 2017 lief eine bundesweite Razzia 'zur Beweissicherung' gegen bestimmte Teilnehmer der G20-Proteste, bzw. deren persönliches Umfeld. Betroffen war auch ein Mitglied des Bundesvorstandes der Umweltgewerkschaft (das nachweislich gar nicht in Hamburg war). Wir werten das als gezielten Einschüchterungsversuch und Ausdruck des Rechtsrucks der Bundesregierung auch gegen die kämpferische Umweltbewegung.
Die neue Bundesumweltministerin Svenia Schulze wird in diesem Sinne dafür arbeiten, die von weiten Teilen der Bevölkerung und vor allem der Umweltbewegung abgelehnte, besonders umwelt- und klimaschädliche Braunkohleverstromung weiterzuführen. Unter der Überschrift: „Erfolgreiche Wirtschaft für den Wohlstand von morgen“ steht unter anderem auch: „Vor dem Hintergrund des wachsenden Bedarfs an Hochtechnologie-Rohstoffen wollen wir Projekte im Tiefseebergbau vorantreiben und unterstützen die Durchführung von Pilot-Mining-Tests. Wir setzen uns dafür ein, dass heimische Bodenschätze in Deutschland weiterhin wirtschaftlich abgebaut werden können und die dafür notwendige langfristige Investitions- und Planungssicherheit bestehen bleibt.
Gleichzeitig sollen die letzten Steinkohlezechen in Deutschland endgültig geschlossen und der Zugang zu diesem wertvollen und vielseitigen Rohstoff gekappt werden. Das heißt aber nicht, dass damit das Verbrennen von Steinkohle beendet werden soll, was auch wir fordern. Weiter vorn steht in scheinbarem Gegensatz dazu: „Wir wollen die in Deutschland bestehenden geschlossenen Wertschöpfungsketten von der energieintensiven Grundstoffindustrie bis zur Herstellung von High-Tech-Produkten erhalten und ausbauen... Bei der Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen gilt es, Kosteneffizienz und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten sowie 'Carbon Leakage' zu verhindern.“ Wir kritisieren die Unterstützung aus Teilen der Umweltbewegung für die Stilllegung des Steinkohlebergbaus als kurzsichtig und Beitrag dazu, Umweltschutz und Arbeitsplätze gegeneinander auszuspielen. Und es gilt immer noch die begründete Vermutung einer geheim gehaltenen Option Gas-Fracking aus den Steinkohleflözen, die nicht gleichzeitig mit Steinkohleförderung funktioniert.
Die Mobilität – und damit die Automobilwirtschaft – steht aktuell vor enormen Herausforderungen (...) Es ist … von besonderer Bedeutung, dass der Weg zu einer nachhaltigen Mobilität technologieoffen und ohne politische Technologiefestlegung erfolgt.“ Hier wird festgestellt, dass es vor allem den Automobilkonzernen zu überlassen ist, geeignete Lösungen für die Mobilität von morgen zu finden. Wie die aussehen sollen, zeigen die Vorstellung eines „neuen Diesel“, der zwar weniger Stickoxide ausstößt, aber eben auf Basis fossiler Brennstoffe fährt. Und das Festhalten am massenhaften Individualverkehr, künftig in selbstfahrenden Straßenfahrzeugen. Das ist die Verschwendung von Ressourcen und Umweltzerstörung auf die Spitze getrieben.
Die Konsequenzen für die Beschäftigten im Fahrzeugbau sind kaum absehbar, angesichts der zugespitzten Konkurrenz weltweit. Wir als Umweltgewerkschaft werden uns einmischen in die Zukunftsdebatte zu wirklichen Alternativen in der Mobilität und die von Massenentlassung bedrohten Belegschaften unterstützen im Kampf um die Verteidigung ihrer Arbeitsplätze und ggf. für Ersatzarbeitsplätze.
Auch die Außenpolitik der GroKo fördert die globale Umweltkrise und entlarvt alle Bekenntnisse zum Umweltschutz als Heuchelei: Der zerstörerische Krieg des Erdogan-Regimes gegen den demokratisch-ökologischen Gesellschaftsaufbau in Nordsyrien wird von der GroKo gedeckt und mitfinanziert, Saudi-Arabien wurde und wird für seinem mörderischen Krieg gegen den Jemen militärisch ausgerüstet, und Deutschland stieg zum viertgrößten Waffenlieferanten der Welt auf.
Es bestätigt sich einmal mehr die Aussage des Grundsatzprogramms der Umweltgewerkschaft:
Die ganze Art und Weise zu produzieren, zu konsumieren und zu leben ist... vom kapitalistischen Profitprinzip geprägt. Dies führt zu einem rücksichtslosen Raubbau an der Natur und zu einer allseitigen Umweltzerstörung im globalen Ausmaß. Dadurch steuert die Menschheit auf eine Umweltkatastrophe zu, die das Leben auf der Erde in seiner heutigen Form existenziell akut gefährdet. (…) Um... eine globale Umweltkatastrophe abzuwenden, braucht es... eine weltweit überlegene Kraft gegen die Hauptverursacher in Konzernzentralen, Banken und Regierungen.“ (Präambel)

Fazit: Keine Schonfrist für die neue Bundesregierung!
Aktiver Widerstand gegen die drohende globale Umweltkatastrophe!
Für eine neue Umweltbewegung in Einheit mit der Arbeiterbewegung!
Werdet Mitglied in der Umweltgewerkschaft!

(Alle Zitate: Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018, Download aus SPD-Quelle, über mdr-online, 15. März 2018.)

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