Heute konnten wir ein erstes Projekt von CANTO VIVO erleben: Herausbildung von Umweltbewusstsein in einer Schule - und die Probleme dabei. Die Schule liegt am Rand eines Armenviertels, das einen Berghang am Stadtrand hinaufgewachsen ist. Alles total trocken, felsig, staubig, von weitem keinerlei Grün zu sehen. Die Bewohner kämpfen um offizielle Anerkennung ihrer selbstgebauten und schon Jahrzehnte bewohnten Häuser durch die Stadtverwaltung. Dazu muss man wissen, dass Lima heute ungefähr zur Hälfte aus „illegal“ gewachsenen Siedlungen armer Menschen vom Hochland besteht; dazu kamen in den letzten Jahren rund 1 Million Flüchtlingen aus Venezuela.
Die Kinder und Jugendlichen brauchen dringend Bildung und Unterstützung, auch in Sachen Umweltbewusstsein. So pflanzten CANTO-VIVO-Mitglieder mit ihnen zusammen Obstbäumchen und erklärten dabei die große Bedeutung von Bäumen für die Menschen. Auch den Lehrern! Einige Zeit wurden sie selbständig von Schülergruppen bewässert und gepflegt. Inzwischen droht Vernachlässigung; bei nur 5 bis 6 (!) Lehrer auf 300 Schüler*innen kein Wunder. Müll liegt rum, einige Bäumchen sind vertrocknet, anderen geht es noch recht gut. Wir schlugen vor, uns an einem gemeinsamen Säuberungs- und Bewässerungs-Einsatz mit Jugendlichen zu beteiligen. Vielleicht klappt es am Samstag, mal sehen.
Auf den Straßen der Innenstadt ein unglaublicher Lärm, Gehupe, Abgasgestank und Hektik. Autos, Taxis, Busse in allen Größen, und alle in Zentimeterabstand. Unsere Begleiterin von CANTO VIVO meint: „Wir sind das Chaos hier gewöhnt. In Lima Autofahren ist Kampf!“ Immerhin einige gepflegte kleine Parkanlagen. Viele nutzen die grünen Oasen zu einem Nickerchen. Der "Fluss" Rio Rimac ist nur noch ein Rinnsal, das Wasser durch die Industrieabwässer stark verseucht. Perfekt renovierte alte Kolonialbauten, protzige Kirchen und einzelne moderne Hochhäuser und Einkaufsmalls stehen in krassem Gegensatz zu den riesigen Armenvierteln am Stadtrand. Interessant: mit kunstvoll selbstgebauten abenteuerlichen Dreirad-Karren aus Fahrradteilen, Plastikdach und Holzresten, aber mit Megaphonen, die ihrem Namen alle Ehre machen, eben megalaut, werden Bananen oder ein Haufen technischer Kleinkram angepriesen.
Nachmittags und abends bekommen wir einen Eindruck von der alltäglichen Einschüchterung und Unterdrückung durch die Staatsgewalt. Weil nicht-legalisierte „selbstständige“ Transportarbeiter streiken und sich Richtung Regierungspalast bewegen könnten, riegelt die Polizei das Stadtzentrum ab - strenge Kontrollen, wir müssen unsere Pässe zeigen. Polizei überall, teils mit Maschinenpistolen und Tränengasgewehren. Abends werden spontane Proteste gegen die Freilassung einer korrupten, ultrarechten Politikerin aus der Untersuchungshaft gewaltsam auseinandergetrieben. Die Polizei fackelt nicht lange und setzt brutal Schlagstöcke ein....